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Motivation#

Eine eigene Gemeinschaft erfordert Arbeit, und deswegen solltest Du Dir als allererstes Gedanken darüber machen, warum Du Dir diese Arbeit machen willst. Deine eigene Motivation ist gleichzeitig die Grundlage für die Beantwortung vieler nachfolgender Fragen. Willst Du weg von kommerziellen Social Networks und eine eigene Gemeinschaft aufbauen? Willst Du Dich technisch ausprobieren? Willst Du Deine eigene kleine Ecke im Internet aufbauen? Bist Du schon im Fediverse unterwegs, möchtest aber alles ganz anders machen?

Für Viele Nutzende und Betreibende ist es ein Schritt, sich von zentralisierten und kommerzialisierten Netzwerken wie Facebook, TikTok, Instagram oder Twitter (1) zu lösen. Manchmal aufgrund der mangelnden Moderation, manchmal aufgrund der schwierigen Geschäftsmodelle, und manchmal einfach nur, um eigenartigen Verwandten und alten Schul-Bekanntschaften zu entkommen. Der Verkauf (2) von Twitter hat Vielen die Augen geöffnet, wie leicht sie (und ihre Daten) in andere Hände gelangen können. Kommerzielle Netzwerke leben in der Regel von der begrenzten Ressource "Aufmerksamkeit", die durch Werbung in Geld umgewandelt wird. Hierzu ist es hilfreich, Menschen möglichst lange auf der eigenen Plattform zu behalten, was unter Anderem durch die Einflussnahme auf die angezeigten Inhalte geschieht. Auch das Handeln von Daten ist eine beliebte Einnahmequelle, die Einige stört. Die Ziele der kommerziellen Plattformen sind nicht annähernd die Gleichen, wie die Ziele der Nutzenden.

  1. Wir sprechen hier weiterhin über Twitter, die Microblogging-Plattform, die etwa ein Jahrzehnt insbesondere im Technologie-Sektor, beim Journalismus und in der Politik sehr beliebt war. Die Umbenennung zu X ignorieren wir vorerst.
  2. 2022 hatte Elon Musk Twitter übernommen und mit einer Reihe von Entscheidungen den Zorn vieler Nutzender auf sich gezogen.

Zu Eigenen Bedingungen

Die selbst betriebenen Plattformen kommen ohne versteckte Agenda. Sie basieren nur weit weniger auf einer Aufmerksamkeitsökonomie. Es gibt keine versteckten Algorithmen. Keine Dritten, die ungefragt mitlesen.

Für Andere geht es nicht um den Vergleich zu Bisherigem. Sie möchten ganz unabhängig von alledem eigene Gemeinschaften aufbauen oder bereits existierende Gemeinschaften auch Online verbinden. Dabei ergeben sich Möglichkeiten, Menschen zu integrieren und zu befähigen. Die eigene, selbst gestaltete, unbeobachtete Ecke auf der Sachen statt finden, die einen selbst interessieren. Die Erschaffung eines gemeinsamen Baumhauses, des Lieblingscafés, des Vereinsheims. Menschen haben ein Bedürfnis, miteinander verbunden zu sein. Dafür braucht es keine zentralisierten Plattformen.

Der Aufbau solcher Plattformen geschieht in der Regel nicht unter Konkurrenzgedanken, sondern in einer eigenartigen, großen, weltweiten Kooperation unter vielen Millionen Menschen, die sich nicht kennen und die sich auch nicht einig über die genauen Ziele und Benutzungsweisen sind. Und dennoch funktioniert in aller Regel sehr gut. Es entsteht ein Allgemeingut von dem auch Menschen profitieren können, die vielleicht nichts beitragen. Das ist in Ordnung, weil einzelne Nutzende beim Gesamtaufwand kaum ins Gewicht fallen.

Kein Wettbewerb

Die verschiedenen Gemeinschaften befinden sich nicht in Wettbewerb. Nutzende können sich frei für eine Instanz entscheiden und sich trotzdem mit allen austauschen. Die bei zentralisierten Netzwerken gängige Angeberei mit "schaut her, wie viele Nutzer*innen wir haben" ist schlicht nicht notwendig. Anzahl ist die falsche Metrik, die aber viel zu leicht zu messen und zu vergleichen ist. Deswegen taucht sie auch in der Berichterstattung immer auf, auch wenn weder die Zahlen der kommerziellen Netzwerke noch die Zahlen des Fediverse belastbar und unabhängig ermittelt werden.

Schön zusammengefasst hat das Natasha Jay

☑️ we're not a commodity
☑️ admins and mods are our friends
☑️ there's no algorithm manipulating the brain
☑️ it's the people here that make it special
☑️ and it's us who create the special coffee shop vibe ☕

Langfristig denken#

Wer seine private kleine Instanz morgen wieder vom Netz nimmt, hat nur selbst Arbeit damit. Sobald man anderen Menschen eine Instanz anbietet, sollte man sich gut überlegen, wie lange und wie zuverlässig man das machen möchte. Die Angst, die eigene Instanz könnte irgendwann einfach weg sein, bringt viele Menschen zu den großen Anbietern, denn die werden das ja sicherlich nicht machen.

Als Außenstehende*r kann man eine Instanz nach bestimmten Kriterien abklopfen:

  • Wie lange existiert die Instanz schon? - Mit dem Hintergedanken, dass eine über Jahre gut gepflegte Gemeinschaft das wohl auch weiterhin schaffen wird. Wie oben erwähnt, ist das alleine noch kein gutes Kriterium.
  • Wer ist für die Instanz zuständig? - Ist das eine einzelne Person, ein Team, ein Verein, eine Firma? Gibt es mehrere Personen, die sich um Moderation kümmern? Kann auch dann noch für die Instanz gesorgt werden, wenn jemand spontan (1) nicht mehr erreichbar ist?
  • Sind Moderierende und Administrierende für ihre Nutzenden erreichbar? - Ein gutes gegenseitiges Verhältnis schafft Vertrauen. Sind Nutzende möglicherweise sogar einbezogen? Wird auf deren Anliegen gehört?
  • Gibt es Transparenz bei Veränderungen und Entscheidungen - Gibt es beispielsweise einen Account, der über Wichtige Veränderungen informiert? Gibt es etablierte, nachvollziehbare Prozesse, die man nachlesen kann?
  • Gibt es Informationen, wie die Instanz finanziert wird? Kann man etwas beitragen? - Manche Instanzen werden als Hobbyprojekt betrieben. Für kleine Instanzen ist das in Ordnung, weil die Kosten auch nicht besonders hoch sein müssen. Bei größeren Instanzen sollte geklärt sein, wo langfristig das Geld herkommen kann.

Teilweise frei aus dem Englischen übersetzt nach Nora Tindall

  1. Der etwas morbide "Bus Factor" zählt, wie viele Menschen vom Bus überfahren werden müssten, bevor ein Projekt nicht mehr weiter existieren kann. Aber es reicht im Zweifelsfall natürlich auch, wenn jemand das Interesse verliert oder plötzlich andere wichtige Verpflichtungen wahrnehmen muss.

Letztes Update: 14. September 2023